Kloster St. Blasien

von H. Helmlechler - wikipedia - CC-BY-SA

Ein Kloster als Beispiel für Industriekultur?

Zugegeben, es hat wohl einen anderen Charme als ein Industriegebäude. Dennoch war das Kloster St. Blasien die Keimzelle der industriellen Revolution im Schwarzwald. Im aufgegebenen Kloster siedelten sich ab 1809 die ersten Industriebetriebe an.

Objekt Kloster St. Blasien
Adresse Fürstabt-Gerbert-Straße 16, 79837 St. Blasien
Webseite
Nutzung ursprünglich Kloster, dann Gewehr-/Maschinen-/Textilfabrik
Nutzung aktuell
Internat (Kolleg St. Blasien)
Kloster St. Blasien

Geburtsort der industriellen Revolution im Schwarzwald

Mit der Neuordnung der Herrschaftsverhältnisse im Schwarzwald durch Napoleon, Anfang des 19. Jahrhunderts und der Gründung des Großherzogtums Baden, wurden die Klöster verstaatlicht – die Säkularisation. Damit ging jedoch nicht nur ein Machtwechsel einher, sondern auch die alten Wirtschaftsstrukturen, in denen die Klöster eine zentrale Rolle gespielt hatten, brachen auseinander. Das neugegründete Großherzogtum förderte die Ansiedlung neuer Industrien in den alten Klöstern – heute würde man das wohl Investitionsprogramm für den Strukturwandel nennen.

Bild: Kloster St. Blasien um 1900 – Library of Congress – gemeinfrei

Ins Kloster St. Blasien zog 1809 die „Badische Gewehrfabrik“.

Bild: Gewehre der Badischen Gewehrfabrik – LoKiLeCh – wikipedia – CC-BY_SA

Der Züricher Unternehmer und Erfinder Johann Georg Bodmer ließ sich ebenfalls 1809 in dem ehemaligen Kloster nieder und gründete eine Fabrik zur Herstellung von Spinn- und Webmaschinen nebst einer Textilfabrik. Es war die erste Maschinenfabrik überhaupt dieser Art in Deutschland. 1813 übernahm Bodmer auch die glücklos wirtschaftende Gewehrfabrik. Bodmer setzte erstmals in Europa austauschbare Schlossteile bei seinen Gewehren ein und lieferte damit eine wichtige Innovation in der Waffentechnik. In den 1820er Jahren zog sich Bodmer aus St. Blasien zurück. Dennoch blieb St. Blasien ein Vorreiter der Industrialisierung. 1834 verrichtete hier eine der ersten Wasserturbinen der Welt ihren Dienst, mit ihren damals imposanten 40 PS trieb sie die 28.000 Spindeln der Textilfabrik im ehemaligen Kloster an. Francois Fourneyron, so der Name des französischen Erfinders der Wasserturbine, schaffte damit ein Gerät, das es ermöglichte die Kraft des Wassers effizient zu Nutzen.

Bild: Fourneyron-Turbine aus St. Blasien, heute im Deutschen Museum – wikipedia – gemeinfrei

1852 übernahm Erst Friedrich Krafft die Leitung der Textilfabrik und formte ein erfolgreiches Unternehmen daraus, das erst in den Stürmen der Weltwirtschaftskrise 1931 unterging. Selbst den verheerenden Brand 1874, der die komplette Klosternalage zerstört hat, hat das Unternehmen überstanden. Der herausragenden Unternehmerpersönlichkeit wurde zum Dank ein Denkmal im benachbarten Kurgarten errichtet.

Bild: Nach dem Brand 1874 – Wikipedia – gemeinfrei

Das Kloster wurde wieder aufgebaut – vor allem die imposante Klosterkirche mit der größten Kuppel nördlich der Alpen. Seitdem trägt allerdings ein Stahltragwerk das Kuppeldach – die innere Kuppel, die den Kirchenraum überspannt ist ebenfalls modernste Bautechnik, eine der ersten Kuppeln aus Eisenbeton, 1910 – 13 durch die Firma Dyckerhoff  & Widmann errichtet.

Nach dem Niedergang der Textilfabrik zog 1934 ein Internat ins Kloster.