Junghans – Schramberg

Bild: Junhans - Wikipedia - CC-BY-SA

Nichts verbindet man mehr mit dem Schwarzwald, als die Uhrenindustrie. Und nichts verbindet man mit der Uhrenindustrie so, als den Namen „Junghans“. Zurecht, denn Jungshans war einst die größte Uhrenfabrik der Welt. Der sogenannte Terrassenbau ist eine Ikone der Schwarzwälder Industriekultur und beherbergt heute ein spannendes Museum zur Firmengeschichte

Objekt Junghans Terrassenbau
Adresse Lauterbacher Str. 68, 78713 Schramberg
Webseite www.junghans-terrassenbau-museum.de
Nutzung ursprünglich Uhrenfabrik
Nutzung aktuell
Museum
Junghans Terrassenbau

Auf dem Weg zur größten Uhrenfabrik der Welt

1861 gründeten die Brüder Erhard und Xaver Junghans in Schramberg die Firma Gebrüder Junghans, als Zulieferbetrieb für Uhrgehäuse. Ab Mitte der 1860er Jahre fing man an auch eigene Uhren zur produzieren. Richtig in Fahrt kam das Geschäft, als die nächste Generation das Ruder übernahm. Arthur Junghans hatte zuvor ein Jahr in amerikanischen Uhrenfabriken gearbeitet und dort die industrielle Herstellung von Weckern kennen gelernt. Zurück im Schwarzwald begann Junghans mit der Produktion von Weckern nach amerikanischem Vorbild – ein Verkaufsschlager, der Junghans mit über 3.000 Mitarbeitern alsbald zur größten Uhrenfabrik der Welt machen sollte. Neben den „Amerikanerweckern“, produzierte Junghans auch Taschenuhren. Ab 1928 dann auch Armbanduhren.

Bild: Produktion um 1925 – wikipedia – gemeinfrei

Rüstungsunternehmen

Bereits 1906 begann Junghans auch mit der Produktion von Munitionszündern, ganz im Zeichen eines sich aufrüstenden Kaiserreiches.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten beginnt ein dunkles Kapitel der Firmengeschichte. Alsbald stellte Jungahns den Betrieb auf Rüstungsindurstrie um. Bis zu 9.000 Arbeiter produzierten Munitionszünder. In den Kriegsjahren wurden auch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter eingesetzt. Generaldirektor Helmut Junghans war schon vor dem Krieg als Wehrwirtschaftsführer auch Teil der politischen Elite im NS-Regime.

Nach dem Krieg wurden viele Maschinen demontiert und als Reparation nach Frankreich verbracht. Dennoch blieb die Zünderproduktion weiterhin ein Geschäftszweig von Junghans. Bis heute ist der Name Jungahns – heute Junghans-Microtech mit Sitz in Dunningen bei Rottweil – in diesem Bereich ein bedeutender Player.

Nachkriegszeit, Zerschlagung, Niedergang und Rettung

Trotz der Demontage von Maschinen konnte Jungahns bereits 1946 wieder mit der Produktion beginnen. Vor allem die hochwertigen Armbanduhren sorgten für einen (wieder) guten Ruf. Besonder bekannt wurde Junghans für seine schlichten, minimalistisch gestalteten Chronografen, die der bekannte Schweizer Architekt und Künstler Max Bill entwarf.

1956 entbrannte ein spannender Wirtschaftskrimi um Junghans. Die Nürnberger Diehl-Gruppe, ein Konzernmulti, der ebenfalls in der Zünderproduktion tätig war, startete eine feindliche Übernahme. Der Coup gelang und Junghans wurde Teil der Diehl-Gruppe. Die Geschäftszweige Uhren und Zündertechnik wurden getrennt.

In den 1970er Jahren begann der Niedergang der traditionellen Uhrenproduktion. Zwar stellte Jungahns 1971 die erste deutsche Quarz-Uhr vor und 1972 war Junghans offiziell für die Zeitnahme der Olympischen Spiele in München verantwortlich, doch 1976 wurde die Produktion mechanischer Uhren eingestellt – das Ende einer Tradition. Allerdings nicht das Ende von Junghans.

Immer wieder kamen Innovationen aus dem Hause Junghans: etwa die erste funkgesteuerte Tischuhr 1986 oder wenige Jahre später die erste funkgesteuerte Armbanduhr. Nichtsdestotrotz blieb die Uhrensparte das Sorgenkind. Im Jahr 2000 wurde die Uhrensparte an eine Holdinggesellschaft mit Sitz auf den Cayman-Inseln verkauft, diese ging 2008 pleite.

2009 erwarb der Schramberger Hans-Jochem Steim die Überreste der Junghans-Uhrenproduktion und möchte an alte Traditionen anknüpfen. Heute steht Junghans wieder für feine Armbanduhren mit innovativen Funk-Uhrwerken.

Terrassenbau

Innovativ gab sich Junghans auch bei seiner Produktionsstätte. Der Terrassenbau von 1916-1918 ist ein Meisterwerk des Stuttgarter Architekten Philipp Jakob Manz (1861-1936). Es ist eine Symbiose von Architektur, Topographie und Funktionalität. Terrassenförmig schmiegt sich der Bau in den Talkessel, durch die stufenartige Bauweise konnten große Fensterflächen gebaut werden. Viel Licht ist für feinmechanische Arbeiten essentiell. Ein Schrägaufzug verbindet die Etagen und sorgt für einen optimalen Ablauf. Nach dem Ende der Produktion stand das Gebäude lange leer und drohte zu verfallen. Inzwischen ist es vorbildlich saniert und beherbergt es das sehenswerte Museum zur Firmenschichte.